Der Pariser Verkehrsexperte Professors Laurent Guihéry besuchte die Mainschleife. Frankreich will u.a. mit Bahnreaktivierungen und neuer Technik strukturschwache Gebiete wiederbeleben.
Die Wiederbelebung alter Bahnstrecken in Europa ist das Forschungsgebiet von Professors Laurent Guihéry von der CY Cergy Paris Université. Dabei ist er auf der Suche nach erfolgreichen Projekten auch auf die Mainschleifenbahn gestoßen und recherchierte so Anfang der Woche vor Ort über die Strecke nach Volkach und die Reaktivierungsbemühungen der Mainschleifenbahn-Infrastruktur GmbH – kurz MIG.
Sehr beeindruckt zeigt sich Guihéry von dem 30-jährigen, ehrenamtlichen Engagement des Fördervereins. Dem war es gelungen die Strecke vor dem Abbau zu retten, sie wieder aufzubauen, als NE-Bahn neu zuzulassen und seit 2003 als Tourismusbahn erfolgreich zu betreiben. Vereinsziel war und ist seither die Reaktiverung der Bahn für den Nahverkehr nach Würzburg, so Wolfgang Schramm von der Mainschleifenbahn. Dabei sind Konzepte, Dokumente und Kontakte entwickelt worden, die 2021 der kommunalen MIG eine solide Basis für deren Start geliefert hatten. Über die Arbeit dieses Gemeinschaftsunternehmens der Landkreise Würzburg und Kitzingen informierten die Geschäftsführer Frank Albert und Thomas Götz sowie Projektleiter Stefan Strohmenger den Gast aus Frankreich. Die Liste war lang: Planungsphasen, Finanzierung, Zuschussverfahren, mögliche Tarife sowie der aktuelle Stand der Reaktivierung. Rasch zeigten sich bei dem Abschlussgespräch im Astheimer Brückenhaus Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Verkehrsprojekten im zentral organisierten Frankreich und im föderalen Deutschland.
Beeindruckt von dem bisher Erreichten wünschte Prof. Guihéry dem aus seiner Sicht beeindruckenden Reaktivierungsprojekt Mainschleifenbahn gutes Gelingen und bedankte sich bei allen für die intensiven Gespräche.
Hintergrund von Guihérys aktueller Forschungsreise ist, dass in Frankreich – auch angesichts der Gelbwesten-Bewegung – Bemühungen laufen, abgehängten Regionen mit rapid schwindender Infrastruktur neues Leben einzuhauchen. Dazu gehört neben ökologischen, sozialen und politischen Aspekten auch die Wiederbelebung alter Eisenbahnstrecken mit neuer Fahrzeugtechnik.
So werden derzeit u.a. neue, innovative und kostengünstige Schienenfahrzeuge und Konzepte mit klingenden Namen wie TELLI, DRAISY und FLEXI entwickelt. Im Kampf gegen Personalmangel bei Lokführern wird sogar über „Remote Driving“ nachgedacht, also über Züge deren Fahrer nicht mehr im Führerstand, sondern „irgendwo“ sitzt. Zu Guihérys aktuellen Forschungsobjekten gehören neben der Volkacher Strecke u.a. die Strecke Meran – Malles in Südtirol sowie Tabor – Bechyne im tschechischen Böhmerwald.
Bild: v.l.n.r.: Prof. Laurent Guihéry, Frank Albert, Thomas Götz, Dr. Wolfgang Schramm – Bild: Stefan Strohmenger